Der Norden liest 2018
„Fräulein Nettes kurzer Sommer“ von Karen Duve

Bückeburg (sh-01.12.18). Unter der Schirmherrschaft der Stiftung Lesen, in Kooperation mit NDR Kultur, dem dbv Landesverband Niedersachsen und dem Kulturverein Bückeburg fand im Palais eine Lesung mit Karen Duve statt. Duves neuer Roman „Fräulein Nettes kurzer Sommer“ spielt in einer Zeit des Umbruchs und der Veränderung, denn nicht nur das Wetter hatte sich in der Restaurationsepoche des frühen 19. Jahrhunderts geändert, auch das Denken begann neu, nach Revolution und Krieg.

Annette von Droste-Hülshoff, im Buch 23 Jahre alt, eine Freifrau mit spitzer Zunge und knapp 150 cm Körpergröße, ewig kränklich, tummelte sich zwischen schwärmerischen Romantikern, aufgeklärten Naturforschern und den gesellschaftlichen Siegelbewahrern ihres Standes. Sie verdrehte den Gebrüdern Grimm den Kopf und auch Hoffmann von Fallersleben.

Etwas Angst hatten die Männer vor ihr, denn sie redete – im Gegensatz zu den anderen Frauen. Zu der damaligen Zeit etwas Besonderes, denn eigentlich dienten Frauen eher als Dekoration auf dem Sofa. Ganz anders Annette von Droste-Hülshoff, die bei der Suche nach Mineralien, beim Botanisieren und in der Auseinandersetzung mit den Göttinger Poeten der aufkeimenden romantischen Bewegung sich mehr als einmal schmutzige Rocksäume holt und den Tadel der ständischen Verwandtschaft. Duves Buch ist nicht nur das Porträt einer jungen Frau, sondern auch das einer Welt, in der nichts so blieb, wie es einmal war.

Karen Duve, 1961 geboren, ist eine vielfach ausgezeichnete Bestsellerautorin. Ihre Romane wie Taxi, Regenroman oder Macht sind in viele Sprachen übersetzt worden. Zwei Jahre befasste sie sich mit Büchern von Annette von Droste- Hülshoff. Las in den Tagebüchern der Schwester und der Gebrüder Grimm, um sich genauste Informationen aus dem jungen Leben der Anette zu holen. Überhaupt, Tagebuch zu schreiben war damals „in“. Auch die Briefwechsel der Studentenclique verfolgte sie und tauchte in die Welt so sehr ein, dass sie von der aktuellen Außenwelt beim Recherchieren nichts mehr wahrnahm.

Das Publikum hörte begeistert zu, als Karin Duwe in ihrer tiefen Altstimme das erste Kapitel vorlas. Die Karten für die Lesung waren alle ausverkauft und das Palais als Veranstaltungsort absolut passend gewählt. Es war übrigens die erste Lesung, die dort stattfand.

Was denn das schwierigste gewesen sei, fragte die Moderatorin des Abends, Julia Westlake vom NDR: „Das Schwierigste war, den Umgangston von 1820 in das 21. Jahrhundert zu übersetzen.“ Man habe doch früher so gestelzt gesprochen, dass es heute keiner mehr verstehen würde. Ihr Roman, so Duve, zeige, wie es sich in dieser Zeit angefühlt habe. Er zeige auch, wie Annette von Droste- Hülshoff gedacht, gelebt und sich verliebt habe, was ihre Ziele waren und was sie mit ihrer Schriftstellerei habe ausdrücken wollen. „Ich mag und will jetzt nicht berühmt werden, aber nach hundert Jahren möcht ich gelesen werden.“ Diesem Zitat von Annette von Droste-Hülshoff möchte Karen Duwe doch damit gerne folgen.

Foto 1 + 2: Julia Westlake (l.) im Gespräch mit Karen Duve

 

 

 

 

Kurz-URL: https://www.bueckeburg-lokal.de/?p=43093

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