„Keine Verordnung ist für die Ewigkeit“
Infoveranstaltung zum B-Plan „“Erweiterung Bauerngut“

Bückeburg (mm-16.07.21). Bürgermeister Reiner Brombach konnte am Mittwochabend 200 Besucher im Großen Rathaussaal begrüßen, die der Einladung der Stadt zu einer Informations-veranstaltung gefolgt waren und nach dem Hygienekonzept maximal zugelassen wurden. Das Thema „Neubau Logistikzentrum“ der Firma Bauerngut, ein ortsansässiges Unternehmen, beschäftigt seit Monaten die Öffentlichkeit.

In drei Fachvorträgen durch Stadt, Bauerngut und Landkreis wurden eine Menge an Fakten vermittelt. Moderiert wurde die Veranstaltung von Tanja Dornieden aus Bovenden bei Göttingen. Mit ihrer über fünfjährigen Berufserfahrung machte sie einen guten Job, musste gegen Ende der Veranstaltung nur einen Kritiker auffordern, bei seiner Frage an den Bauerngut-Geschäftsführer nicht von „Erpressung“ zu sprechen.

Zum Auftakt berichtete Björn Sassenberg, Fachbereichsleiter Planen und Bauen bei der Stadt, dass es im Rat um Abwägungen geht: Wohn- und Arbeitsverhältnisse, Belange Umweltschutz, Belange Wirtschaft, Gestaltung von Orts- und Landschaftsbild, öffentliche und private Belange. Es seien also soziale, ökonomische und ökologische Aspekte zu berücksichtigen.

Bei der Prüfung alternativer Flächen habe die räumliche Nähe zum Bestandsunternehmen, die Verfügbarkeit, Aspekte wie Flugsicherung (Bundeswehr, Segelflugverein) eine Rolle gespielt. „Jede Variante hat positive und negative Einflüsse auf Flora/Fauna, Boden, Landwirtschaft, Wirtschaftlichkeit und Arbeitsplätze“, so Sassenberg.

Bei den etwa 700 oft gleichlautenden Eingaben aus der Bürgerschaft sei u.a. vorgebracht worden, „dass man eine wertvolle Fläche nicht zugunsten wirtschaftlicher Interessen opfern darf“, „die Gewerbeentwicklung nicht über den Landschaftsschutz gestellt werden darf.“ Auf Nachfrage betonte Sassenberg, dass von der Steinberger Straße aus das neue Gebäude „kaum wahrnehmbar“ sei.

Planzeichnungen, textliche Festsetzungen, ein Umweltbericht sowie die Abwägungen zu den Stellungnahmen aus der frühzeitigen Beteiligung sind laut Sassenberg noch in Bearbeitung. Nach der dann folgenden Konkretisierung der Planung tagt öffentlich der Bauausschuss, der Verwaltungsausschuss und wieder öffentlich der Rat.

„Unsere Kapazitätsgrenzen im Bückeburger Betrieb sind erreicht und schon überschritten“, begründete Bauerngut-Geschäftsführer Klaus Jeinsen die Neubaupläne. Die Nähe zum Produktionsbetrieb sei zwingend nötig, weil die Arbeiten im täglichen Ablauf eng miteinander verbunden seien. Ein Vorteil sei auch, dass Lieferanten mit einem Lkw beide Standorte beliefern können.

Jeinsen nutzte die Gelegenheit, mit einem Fakten-Check auf unwahre Behauptungen einzugehen. So wurde von den Kritikern in Flyern und Lesebriefen von täglich 720 Lkw berichtet. „Unwahr“, so Jeinsen. Es werde einen werkinternen Pendelverkehr von zwölf Pkw-Fahrten am Tag geben. Die Zahl der Lkw für die An- und Ablieferung werde sich nicht ändern und liegt bei 130 Lkw. Ebenso sei unwahr, dass hunderte Lkw-Parkplätze geplant werden.

Ebenso wenig werde ein Tankhof geplant – „weder jetzt noch in Zukunft!“ Die Lärmemissionen durch die Kühlaggregate werden sich laut Jeinsen nicht verändern. Nachts eine taghelle Ausleuchtung? „Unwahr, es wird eine nach der Arbeitsstättenrichtlinie erforderliche Straßenbeleuchtung bei der Zuwegung geben“.

Auch der öffentlich erhobene Vorwurf, es werde eine Werksverlagerung neben das Logistikzentrum erfolgen, nannte Klaus Jeinsen „unwahr“. Es gäbe keine Planungen, das Fleischwerk künftig neben dem Logistikzentrum zu betreiben. Es entspreche auch nicht den Tatsachen, dass ein Schlachthof und die Ansiedlung weiterer Produktionsstätten geplant seien.

„Es ist nicht toll, wenn immer wieder Märchengeschichten erzählt werden“, meinte eine langjährige Mitarbeiterin von Bauerngut. Viele der über 800 angestellten Mitarbeiter hätten Grundstücke gekauft, Häuser gebaut, Freunde gefunden und wollen die Sicherheit, ihr persönliches Umfeld behalten zu können.

1989 sei, so Landrat Jörg Farr, eine große Fläche pauschal mit einem Truppenübungsplatz unter Schutz gestellt worden. Der Kreistag werde abschließend entscheiden, ob Naturschutzbelange an anderer Stelle kompensiert werden können, wenn eine Teilfläche herausgenommen wird.

Martina Engelking, Leiterin Amt für Naturschutz beim Landkreis, hatte zuvor erläutert, dass bei einem Landschaftsschutzgebiet auch eine nachträgliche Änderung bzw. Aufhebung möglich ist, sofern „überwiegende sachliche Gründe die Zurückstellung der Naturschutzbelange rechtfertigen.“

Auf Nachfrage betonte die Leitende Kreisverwaltungsdirektorin Andrea Stüdemann, „dass der Schutzzweck des Landschaftsschutzgebietes sich nicht so verändert, dass weitere Baumaßnahmen ermöglicht werden – ich sehe keine negative Beeinträchtigung“. Zudem, so Stüdemann, weiter „gibt es keine Verordnung für die Ewigkeit!“

Cornelia Laasch (Grüne), Mitglied im Kreistag und im Stadtrat, ließ sich zu den Fragen an Klaus Jeinsen hinreißen: „Wie kommen Sie auf die Idee, dort bauen zu können? Wir können das Landschaftsschutzgebiet nicht einfach opfern – das ist ein Stopp-Schild für Sie! Wenn Sie so gern in Bückeburg bleiben wollen, wie viele Kilometer Abstand können Sie hinnehmen?“

„Man kann nicht alle unterschiedlichen Belange in Einklang bringen – haben Sie Vertrauen in Stadt und Landkreis, dass sie gemeinsam eine sachgerechte Entscheidung treffen“, apellierte der Bürgermeister an die Anwesenden.

Foto 1: Das Landschaftsschutzgebiet und die benötigte Teilfläche

Foto 2: Björn Sassenberg

Foto 3: Klaus Jeinsen

Foto 4: Das neue Logistikzentrum – Erdgeschoss

Foto 5: Reiner Brombach

Foto 6: Martina Engelking

Foto 7: Jörg Farr

Kurz-URL: https://www.bueckeburg-lokal.de/?p=60511

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