Betreuungsverein kritisiert fehlende Förderung – Mitarbeiter arbeiten unter Tarif“
(pm – 20.8.5) Die SPD/FDP-Gruppe im Kreistag hat auf ihrer dritten Sommerreise Station in Rinteln gemacht und dort den Betreuungsverein Schaumburg besucht. Begleitet wurden die Kreispolitiker von der heimischen Bundestagsabgeordneten Marja-Liisa Völlers, Landrat Jörg Farr und dem Ersten Kreisrat Klaus Heimann. Gerald Sümenicht, Vorsitzender und Geschäftsführer des 1993 gegründeten eingetragenen Vereins, hat gemeinsam mit Vorstandsmitgliedern und Mitarbeitern die Gäste über die Betreuungsarbeit und die finanziellen Rahmenbedingungen informiert.
Im Landkreis Schaumburg mit seinen rund 160.000 Einwohnern gibt es etwa 3.000 Menschen, die auf Grund einer psychischen Krankheit, einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung eine persönliche Hilfe brauchen, zum Beispiel für die Organisation ambulanter Hilfen, die Erhaltung der eigenen Wohnung, die medizinische Versorgung, die Verwaltung der Finanzen oder für Behördengänge. Wenn andere Hilfen nicht zur Verfügung stehen, wird vom Betreuungsgericht ein Betreuer bestellt.
„Die Entmündigung gibt es nicht mehr; das Rechtsinstitut Betreuung ersetzt seit 1992 Vormundschaft und Pflegschaft“, erläutert Gerad Sümenicht. In die Rechte des Betreuten solle nur so weit als unumgänglich eingegriffen werden. Der Betreuer darf nur für diejenigen Aufgabenkreise bestellt werden, in denen der Betroffene der Betreuung bedarf. „Die Betreuung dieser Menschen und ihre Integration ist für unsere Gesellschaft von höchster Bedeutung“, betonte der SPD-Fraktionsvorsitzende Eckhard Ilsemann.
Am Börries-von-Münchhausen-Weg in Rinteln stehen dem Verein acht Büroräume zur Verfügung. 15 Mitarbeiter, davon elf Vollzeitkräfte, wirken hier für den Verein. Man kümmert sich um die Motivation und Fortbildung der ehrenamtlichen Betreuer, wobei es sich oft um Familienangehörige handelt. Bei schwierigen Fällen werden Anwälte und Mitarbeiter des Vereins vom Gericht bestellt. Für die Arbeit mit den Ehrenamtlichen gibt es öffentliche Zuwendungen vom Land Niedersachsen; auch der Landkreis fördert die ehrenamtliche Betreuungsarbeit.
„Sorgen bereiten dem Verein nach den Worten seines Vorsitzenden die Rahmenbedingungen durch den Bund bei der Finanzierung der berufsmäßigen Betreuung. Die Einnahmen für geeignetes, qualifiziertes Personal, – Juristen, Sozialarbeiter und Pädagogen -, reichen nicht aus. Im letzten habe der Verein ein kräftiges Defizit eingefahren. „Die zeitlichen Abstände bei der Anpassung der Zuschüsse sind zu groß – 2005, 2019 und nun wieder 2026!“ Die Mitarbeitervergütung liege 15 Prozent unter dem Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst. Diese Lage werde von Bundestag und Bundesrat bestimmt, aber, so Sümenicht, der Betreuungsverein entlaste auch den Landkreis, der sonst diese Arbeit mit eigenem Personal leisten müsste. Wichtig sei eine kontinuierliche Förderung.
„Der Betreuungsverein Schaumburg hat sich immer auf den Landkreis verlassen können; wird sind Mitglied in diesem Verein, der auf unsere Initiative hin gegründet wurde“, so Klaus Heimann. Der Landkreis unterstützt den Verein mit 80.000 Euro jährlich; ein Antrag auf Erhöhung hatte zuletzt im Sozialausschuss des Landkreises keine Mehrheit gefunden. Der Kreistagsabgeordnete Thomas Pawlik (SPD) bezeichnete es als einen „Skandal“, dass hauptberufliche Mitarbeiter unter Tarif bezahlt werden müssen.
Dr. Lothar Biege (FDP) beklagte den zu großen zeitlichen Abstand bei der Anpassung der Zuschüsse und kritisierte den hohen bürokratischen Aufwand, den er aus eigener ehrenamtlicher Betreuungsarbeit kennt. „Bund und Land müssen kurzfristig Anpassungen vornehmen, aber auch wir als Landkreis sollten diese Tätigkeit mindestens mit einem Inflationsausgleich unterstützen“, meinte der Rintelner SPD-Kreistagsabgeordnete Carsten Ruhnau.
Landrat Jörg Farr erwähnte das 40-Millionen-Euro-Defizit im Haushalt des Landkreises. Trotzdem werde sich der Landkreis nicht aus seiner „Rolle als Ausfallbürge“ stehlen. Bund und Länder förderten bei diesen Inflationssteigerungen nicht ausreichend. „Beim Betreuungsverein Schaumburg hat man immer einen Ansprechpartner; die Betreuungsqualität ist hier eine ganz andere – das merkt man insbesondere bei komplizierten Sachverhalten“, weiß Astrid Teigeler-Tegtmeier. „Eine ausreichende Unterstützung muss gewährleistet werden“, forderte die SPD-Kreistagsabgeordnete aus Rinteln deutlich. Foto: pr
Kurz-URL: https://www.bueckeburg-lokal.de/?p=85633