„Sie demonstrierten, immer wieder, immer lauter“
Frühstück für Frauen zum Wahlrecht vor 100 Jahren

Krainhagen/Landkreis (sh-22.01.19). Was für ein historisches Datum: Vor ganz genau 100 Jahren, am 19. Januar 1919, durften in Deutschland endlich alle Frauen wählen. In Deutschland kämpften insbesondere mutige Sozialdemokratinnen wie Marie Juchacz, Begründerin der AWO, Clara Zetkin und Luise Zietz für das Wahlrecht der Frauen in Deutschland. Sie waren damit auch Wegbereiterinnen für viele Fortschritte in der Gleichstellungspolitik, die seither errungen wurden.

Zu einem Frühstück für Frauen luden gemeinsam der AWO Kreisverband Schaumburg, die Arbeitsgemeinschaft SPD 60 plus, die SPD Schaumburg und die Gleichstellungsstelle des Landkreises Schaumburgs ein. Über 70 Frauen waren dieser Einladung gefolgt. „Die Resonanz ist so riesig, wir sind einfach überwältigt“, so Grit Schmidt, Vorsitzende SPD 60plus, bei der Begrüßung. Eigentlich müssten wir den Rathaussaal füllen bei dem Thema, waren sich alle schnell einig.

Dr. Thela Wernstedt, Frauen- und Gleichstellungspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, ging in ihrem historischen Vortrag auf die Entwicklung von Frauenbildern und Frauenpolitik bis in die Gegenwart ein. Frauen durften sich damals gar nicht versammeln oder Vereine gründen. Das war erst ab 1908 möglich und ein weiterer Schritt zum Wahlrecht.

Die Zeiten waren hart, der „Steckrübenwinter“ 1918/19 war lang und das Ende vom 1. Weltkrieg zog sich. Die Frauen wollten endlich mitbestimmen und wählen wie es in Deutschland weiter ging. Sie gründeten ab 1908 Vereine und Zeitschriften, organisierten Kongresse und demonstrierten – immer wieder, immer lauter. Eine der hartnäckigsten unter ihnen: Anita Theodora Johanna Sophie Augspurg, erste promovierte Juristin Deutschlands, Pazifistin und Vorkämpferin der bürgerlich-radikalen Frauenbewegung.

Als mit dem Novemberumsturz endlich das Frauenwahlrecht verkündet wurde, jubelten die Aktivistinnen: „Nun beginnt ein neues Leben!“. Gut zwei Monate später fanden am 19. Januar 1919 die Wahlen zur verfassungsgebenden Nationalversammlung statt. Eine Revolution: Nach Finnland (1906), Norwegen (1913), Dänemark und Island (1915) durften endlich auch die deutschen Frauen an die Urne.

Gut 82 Prozent der Frauen wählten am 19. Januar 1919. Knapp neun Prozent der Abgeordneten im ersten demokratischen Parlament waren weiblich. Am 19. Februar 1919 war die Sozialdemokratin Marie Juchacz die erste Frau am Rednerpult der Deutschen Nationalversammlung in Weimar und sorgte mit der Anrede „Meine Herren und Damen“ für allgemeine Heiterkeit.

Nadine Pasel, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Schaumburg, ging in ihrer Rede auf die Gegenwart der Frauen ein. Wir dürfen uns nicht ausruhen auf dem, was erreicht wurde, so ihr Appell an die Frauen. Gewalt gegen Frauen sei nach wie vor ein sehr aktuelles Thema.

In Deutschland stirbt jeden 3. Tag eine Frau durch „Beziehungstaten“. Von der Altersarmut sind 78 Prozent der Frauen betroffen, ganz besonders Alleinerziehende. Auch in der Sprache müssen wir die Frauen sichtbarer machen. Ebenfalls sind die Löhne und Gehälter von Frauen immer noch unterschiedlich. Sie zitierte Hedwig Richter, die 2018 einen Artikel in der Zeit schieb: Auf, liebe Frauen, arrangiert euch! Wir sind noch lange nicht da, wo wir hin wollen.

In der Pause sang Beate Josten, begleitet am Klavier, wunderbar süffisante frauenthematische Chansons „Ich bin eine Frau, die weiß was sie will“. „Männer muss man loben“ und „Danke für die Blumen von der Tanke“. Sie nahm humorvoll die Beziehungsszenen des Alltags auf. Es wurde viel gelacht und zugestimmt.

Alles in allem war es eine gelungene Feierstunde von und mit Frauen. Doch einen Mann wollen wir noch erwähnen: Der SPD-Landtagsabgeordnete Karsten Becker erfreute sich ebenso wie die Bundestagsabgeordnete Marja-Liisa Völlers sichtlich an der geballten Frauenpower.

Foto 1: Voller Saal mit geballter Frauenpower

Foto 2: Marja-Liisa Völlers (MdB, v.li.), Dr. Thela Wernstedt (MdL), Grit Schmidt, Karsten Becker (MdL), Heidemarie Hanauske und Nadine Pasel

Foto 3: Dr. Thela Wernstedt

Foto 4: Beate Josten, begleitet vom Pianisten, singt Chansons.

Foto 5: Nadine Pasel

Kurz-URL: https://www.bueckeburg-lokal.de/?p=43925

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