Psychosoziale Notfallversorgung
Fünf ASB-Helfer schließen Ausbildung erfolgreich ab

Bückeburg (mm-13.08.19). Kürzlich haben fünf weitere Helfer des Arbeiter-Samariter-Bundes Kreisverband Hannover-Land/Schaumburg ihre Ausbildung in der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) abgeschlossen. Der Schwerpunkt des Kurses lag auf Vorstellung und Einübung der Gruppeninterventionen, Kurzbesprechung und Nachbesprechung.

Die PSNV gibt es für Betroffene (PSNV-B) und für Einsatzkräfte (PSNV-E). Nach den Erfahrungen von Jörg Brockhoff und Petra Stenske sind diese beiden Bereiche strikt voneinander zu trennen. Sowohl der PSNV-Leiter Jörg Brockhoff als auch Diplom Psychologin Petra Stenske sind zwar in beiden Funktionen aktiv. Aber nie in ein und demselben Fall.

„Wenn ich Angehörige eines Unfallopfers betreue, sollte ich später nicht die Nachsorge bei Rettungskräften übernehmen, die bei dem Unfall im Einsatz waren“, sagt Stenske. Brockhoff liefert die Begründung dafür: „Wenn ich selbst am Einsatzort war, fehlt mir die professionelle Distanz zu dem Ereignis.“

In 99 Prozent aller Fälle tauchen die Einsatzkräftebetreuer also nicht selbst am Ort des Geschehens auf, egal, ob es sich um einen schlimmen Verkehrsunfall, einen Suizid, um Mord oder den Brand eines Hauses handelt.

Über die eigenen Fälle reden sie ungern und wenn, dann anonymisiert. Denn natürlich sind es keine Lappalien, die Einsatzkräften so an die Nieren gehen, dass sie Nachbetreuung benötigen. „Zum Beispiel ein totes Kind zu bergen, das ist keine normale Situation“, erklärt Stenske.

Das könne bei der Einsatzkraft eine heftige Reaktion auslösen. In Kleingruppen oder Einzelgesprächen wird das Thema dann aufgearbeitet. Und zwar zwei bis drei Tage nach dem Geschehen. Das entspricht den neuesten psychologischen Erkenntnissen. Seit 2010 sind die ersten Helfer in PSNV-E beim ASB Kreisverband Hannover-Land/Schaumburg, ausgebildet worden. Seitdem wurden neue Erkenntnisse gewonnen, vieles in der psychosozialen Betreuung hat sich gewandelt.

„Anfangs haben wir nach einem tragischen Geschehen alle Einsatzkräfte zusammengerufen und jeden gefragt, was für ihn die schlimmste Szene war“, erinnert sich Brockhoff. „Inzwischen weiß man, das war falsch. Wen es drängt, darüber zu sprechen, der soll das tun. Aber wir müssen ihn nicht mit der Nase darauf stoßen. Das birgt die Gefahr der Retraumatisierung.“ Damit hätte es mehr Schaden als Nutzen.

Früher haben sich schon mal Kameraden oder Führungskräfte dazu gesetzt, die am Einsatz gar nicht beteiligt waren. „Um zu sehen, was wir so machen“, sagt Stenske. „Heute werden nur noch die Einsatzkräfte zum Gespräch geholt, die unmittelbar am Geschehen beteiligt waren.“

Präventionsarbeit nimmt außerdem immer mehr Raum ein. Brockhoff: „Jede Einsatzkraft sollte bei uns zum Beispiel eine Präventionsschulung für belastende Einsätze machen.“ Eine Studie belegt, dass der Bedarf an Nachsorge bei Ernstfällen dadurch drastisch sinkt. Im PSNV-E-Bereich gibt es aber auch viele Fälle, die sich nicht in der Statistik niederschlagen. Brockhoff: „Es kommt öfter vor, dass man eine Einsatzkraft zufällig trifft. Wenn die Gesprächsbedarf hat, nimmt man sich halt die Zeit.“

Aufgabe der PSNV-E-Gruppe ist es, die Einsatzkräfte aufzufangen und ihnen zu helfen, mit ihren eigenen Ressourcen gut umzugehen. „Wir sagen zum Beispiel: Schau auf dich. Was tut dir gut?“, erklärt Stenske. Im Umgang mit schwierigen Situationen habe jeder „seinen eigenen Notfallrucksack: Für den einen ist es die Skatrunde, für den anderen Sport und für den dritten ein Spaziergang mit dem Hund im Wald.“ Wichtig sei es, dass man einen Ausweg findet. „Das kann unter Umständen auch der Wiedereinstieg in den Alltag sein“, meint Stenske. „So ein Korsett stützt und hilft.“

Der Arbeiter-Samariter-Bund Kreisverband Hannover-Land/Schaumburg betreut seit 2010 Einsatzkräfte im Raum Schaumburg und der Region Hannover. Alle zwölf Mitglieder sind ehrenamtlich tätig. Die Gruppe besteht aus einer psychosozialen Fachkraft und sogenannten Peers, also Mitarbeiter von Rettungsdiensten, Feuerwehr und Katastrophenschutz mit einer entsprechenden Zusatzausbildung.

„Sie gewährleisten im Gespräch die Augenhöhe mit den Betroffenen“, erklärt Petra Stenske. Das Team steht Tag und Nacht, 24-Stunden an 365 Tagen im Jahr, für alle Einsatzkräfte zur Verfügung, um ihnen beratend zur Seite zu stehen. Foto: ASB 

Foto: Edeltraut Qualisch (v.li.), Ursula Hartmann, Petra Stenske, Sabrina Heimlich und Wilfried Qualisch

 

Kurz-URL: https://www.bueckeburg-lokal.de/?p=47986

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