„Nicht nur Schülerverkehre organisieren“
Diskussion über „Chronischen Ärztemangel“

Obernkirchen (mm-11.09.17). Die Krankenkasse BKK24 und der heimische Landtagsabgeordnete Karsten Becker hatten am Samstagmittag zu einer Diskussionsveranstaltung zum Thema: „Chronischen Ärztemangel behandeln – was akut und präventiv getan werden muss“ in die Räumlichkeiten der Krankenkasse nach Obernkirchen eingeladen. Vor über 50 Besuchern wies Becker einleitend darauf hin, dass bis zum Jahr 2030 bei Hausärzten ein Rückgang von etwa 18 Prozent droht, was in Niedersachsen ein Minus von 1050 Ärzten bedeutet.

Becker ist überzeugt, „dass in Schaumburg die hausärztliche Versorgung überwiegend in Ordnung ist.“ Einige ältere Ärzte hätten ihm aber im Gespräch auf ihre Probleme aufmerksam gemacht, in wenigen Jahren einen Nachfolger zu finden. Die Politik könnte die Ärzte nicht aufteilen, aber für die richtigen Rahmenbedingungen sorgen. Mobilität müsste hergestellt werden, damit ältere Menschen die Ärzte erreichen. Zudem sollte, so Becker, die Ausbildung attraktiver gestaltet werden.

Cornelia Rundt, Niedersächsische Ministerin für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, sprach einleitend von einem „funktionierenden System“. Eine wohnortnahe hausärztliche Versorgung sei in einem Flächenland wie Niedersachsen durchaus eine Herausforderung. Rein rechtlich sei dies aber eine Frage der Selbstverwaltung, also der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) und der niedergelassenen Ärzte.

Die Landesregierung wolle sich aber nicht zurücklehnen und investiere beispielsweise in „Gesundheitsregionen“. Kommunen können sich darum bewerben und erhalten Projektmittel vom Land. Die Voraussetzungen sind nach den Worten der Ministerin in Niedersachsen völlig unterschiedlich. „Wir brauchen deshalb regionale Lösungen.“

Cornelia Rundt wies darauf hin, dass Kommunen bei Bedarf medizinische Versorgungszentren selbst betreiben können. Das Land gibt in diesen Fällen eine Anschubfinanzierung. Oliver Schäfer, Bürgermeister in Obernkirchen, erinnerte daran, dass dies kein „Kerngeschäft“ einer Verwaltung ist und nach einer Umfrage diese Meinung von rund 60 Prozent seiner Kollegen geteilt wird. Die Ministerin hält es für wichtig, „dass Ärzte und Apotheken erreichbar sein müssen, Kommunen nicht nur Schülerverkehre organisieren.“

Im Hinblick auf die Weiterentwicklung des Medizinstudiums sei, so Cornelia Rundt, ein „Masterplan 2020“ verabschiedet worden. Zehn Prozent der Plätze für Medizinstudenten sollten vorab an Bewerber vergeben werden, die sich verpflichten, bis zu zehn Jahre in unterversorgten Regionen zu arbeiten. „Zurzeit gibt es so viele Ärzte in Niedersachsen wie nie zuvor – das Problem ist die Verteilung“, so Rundt. Viele Beifall erhielt die Ministerin für ihre Aussage, „Abiturienten mit einer Note von 1,0 seien nicht zwingend die besseren Landärzte.“

Wichtig sind der Ministerin auch wohnortnahe Krankenhäuser im ländlichen Raum. Für den Fachkräftemangel in den Bereichen Gesundheit und Soziales macht sie die „deutliche Unterbezahlung der Arbeitskräfte“ verantwortlich. Als ein Problem benannte Rundt die börsennotierten Krankenhausketten, die zum Teil eine Rendite von 13 Prozent erwarten. Das gehe nur, wenn sie mit weniger Personal arbeiten oder die Mitarbeiter weniger verdienen. „Die Marktöffnung war ein Fehler, Daseinsvorsorge ist wichtiger als Wettbewerb in diesem Bereich!“

Mark Barjenbruch, Vorstand der KV Niedersachsen, berichtete, dass im Planungsbereich Stadthagen die hausärztliche Versorgung bei 89,9 Prozent liegt, man bei 75 Prozent erst von einer Unterversorgung spricht. Er sprach ebenfalls von „ordentlichen Zahlen“ in Niedersachsen und zeigte auf, dass es über 90 Möglichkeiten gibt, sich als Arzt ausbilden zu lassen – „eine davon ist der Hausarzt!“

Friedrich Schütte, BKK24-Vorstand, sprach von einer „hohen Patientenzufriedenheit in Deutschland“. Er würde den Kommunen mehr Mut wünschen, medizinische Versorgungszentren zu betreiben. Schütte betonte die Bedeutung der Prävention. 60 bis 90 Prozent der Gesundheit würden über die eigene Lebensweise gesteuert, ein Rest von 10 bis 40 Prozent über die medizinische Versorgung.

Foto 1: Cornelia Rundt, Niedersächsische Ministerin für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung

Foto 2: Karsten Becker (MdL)

Foto 3: Friedrich Schütte, BKK24-Vorstand

Kurz-URL: https://www.bueckeburg-lokal.de/?p=34303

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